2024: WEGhören

Leben in Berlin – das heißt manchmal Hektik, Tumult und Lärm. Verschiedenste Eindrücke, die uns alle auf einmal erreichen, visuell und akustisch. Vielleicht lernen wir mit der Zeit, wegzusehen. Aber weghören? Das Ohr ist ein offenes Organ, es lässt sich nicht verschließen. Wir können uns zwar abwenden, aber die Sirene des Krankenwagens auf der Straße, der bellende Hund des Nachbarn oder der Streit von Jugendlichen vor dem Späti bleibt dennoch in unserem Wahrnehmungsfeld. 

Was, wenn wir nun auf die Straße treten und den Geräuschen um uns wie einem Navigationsgerät folgen? Wir unternehmen einen intuitiven Spaziergang durch Neukölln und lassen uns dabei ausschließlich davon leiten, was wir hören. Dabei laufen wir nicht jedem einzelnen Rascheln oder Dröhnen hinterher, sondern erspüren, womit wir in Resonanz gehen und wo es uns hinzieht. Auf diese Weise entfaltet sich der Weg vor uns. Wir erhören ihn gleichsam. Was entsteht ist ein WEGhören. 

Und auf diese Weise kommen wir in die Stille. Denn nun sind wir nicht mehr von unwillkürlichen Reaktionen auf unser Umfeld oder von unseren Zielen, Plänen und dem unendlichen Geschnatter des Gedankenstroms in unserem Kopf bestimmt, sondern lauschen mit jeder Faser unseres Körpers achtsam auf den Moment. Wir werden zu Flaneuren, ganz im Sinne Walter Benjamins: Wir sammeln Eindrücke und lassen uns von ihnen beeindrucken. So eröffnet sich uns die Poesie der Stadt.

Alle MischMash-Autor/innen unternehmen ihre eigenen Spaziergänge und lassen sich davon zu kurzen Text inspirieren – einer Miniatur, einer Anekdote, einer Skizze, die das Erlebte widerspiegeln. Diese Texte werden zusammen mit den auf den Spaziergängen aufgezeichneten Geräuschen zu einer Soundcollage verwoben und als Hörspiel präsentiert, dann aber auch im Rahmen der Veranstaltung  beim Festival live gelesen.